Zum 6. Todestag von Liu Xiaobo, 13.7.2023
Liu Xiaobo war ein Schriftsteller, ein Denker ohne Furcht.
Er lebte in einer totalitären Gesellschaft, doch als Autor übte er keine Selbstzensur und schrieb zahlreiche Artikel sowie Bücher. Er nahm kein Blatt vorm Mund und übte scharfe Kritik über die Politik und das üble gesellschaftliche Phänomen.
Dafür saß er viermal im Gefängnis und überlebte das letzte Mal nicht. Heute sind sein Name und seine Werke ein Tabu in China, es gibt kein Grab und keinen Friedhof für ihn. Nach seinem Tod führte die KPCh-Regierung mit seinem Asche eine Seebestattung, daher gibt es keine Gedenkstätte für ihn in China. Das Regime wollte sein Bild aus den Köpfen der Menschen löschen.
Unsere Welt ist im Wandel. Wir werden mit Kriegen, Attentaten, Flüchtlingswellen, Diskriminierungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Klimawandel, Energie- und Nahrungsmittelknappheit usw. konfrontiert. Intoleranz und Gewalt gibt es überall.
Liu Xiaobo verkörperte die Gewissenhaftigkeit, das Mitgefühl, die Weisheit und den Mut eines Intellektuellen, seine Person und sein Denken begleiten uns in heutiger düstere Weltlage und ermutigt uns weiter voran zu streiten.
Liu Xiaobo ist ein Pazifist. Als produktiver Schriftsteller schrieb er Liebesgedichte, nebst unzähligen politischen Essays. In seinen Schriften zeigte er Mitgefühl mit den benachteiligten Menschen, er unterstützte die Tibeter, die Taiwanesen, kritisierte, dass Peking das demokratische Wahlsystem und die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong zerstörte.
Seine Kritik war eine Warnung, doch alle Warnungen werden heutzutage zur Realität. Liu Xiaobo war gegen jede Art von Gewalt, auch gegenüber seinem Täter, er sagte den berühmten Satz: „Ich habe keine Feinde, ich habe keinen Hass.“ Sein gandhischer, gewaltloser Geist tröstet und lindert unsere Sorgen und Furcht in dieser schwierigen Zeit.
Liu Xiaobo ist ein Christ, obwohl er nie konfirmiert worden war. Als er das 3. mal im Gefängnis in Dalian war, bekam er eine christliche Erleuchtung. Zitat:
Hans Küngs „Christ sein“ ist ein zutiefst bewegendes Buch, das mich hinter Gittern bis ins Herzen bewegte. Es ist schon lange her, dass ich mich so darauf gefreut habe, ein Buch zu lesen. Dieses Gefühl der Aufregung und Hingabe ist wirklich gut. Es zeigt mir, dass ich, obwohl ich in einer atheistischen Kultur ohne religiösen Hintergrund aufgewachsen bin, nicht hoffnungslos bin und immer noch tief in meiner Seele religiöse Frömmigkeit trage.
Er ruft: Ich kann also noch gerettet werden!
Er schrieb weiter: „Um ein reiner und gründlicher Mensch zu sein, sind religiöse Gefühle die erste und letzte Eigenschaft, nicht buddhistisch, konfuzianistisch, taoistisch oder islamisch, sondern christlich. Vielleicht werde ich nie gläubig werden, ich werde nie einer organisierten Kirche beitreten, aber Jesus Christus ist mein Persönlichkeitsmodell. Bemühe mich, mich dem Prozess dieser Persönlichkeit zu nähern.“
Wir veranstalten heute diesen Gedenkgottesdienst in der Thomaskirche in Kempen, das wird Xiaobo bestimmt sehr trösten. Allein die Tatsache, dass Pfarrer Roland Kühne seit 2010 schon sich für Liu Xiaobo und seine Frau Liu Xia einsetzt, dass er jährlich am 10.12. Tag der Menschenrechte, mit ein zwei hundert Schüler nach Berlin fährt um für LXO zu kämpfen, das ist wie eine seelische und geistige Fügung zwischen Himmel und Erde, zwischen Gottheit und der Menschheit, ein starkes Symbol für Liebe, Respekt und Vernunft.